Blauzapfenmonochromasie wird mit den Genen übertragen, die Eltern an ihre Kinder weitergeben.
Der Mensch besitzt 23 Chromosomenpaare, genauer gesagt 22 Autosomenpaare, die mit den Zahlen von 1 bis 22 gekennzeichnet sind, sowie 1 Paar Geschlechtschromosomen, d. h. die Chromosomen X und Y.
Männliche Individuen besitzen die Geschlechtschromosomen X und Y, weibliche hingegen das Paar XX.
Blauzapfenmonochromasie wird genetisch mit dem X-Chromosom übertragen.
Eine Frau mit einem mutierten Gen auf einem der beiden X Chromosomen ist nicht von der Krankheit betroffen, da sich auf dem zweiten X-Chromosom das gesunde Gen befindet. Ein Mann mit einem defekten Gen auf dem X-Chromosom erkrankt hingegen, da er nur ein X-Chromosom besitzt, auf dem sich die Kopie des mutierten Gens befindet. Wenn also eine Mutation bei den Genen stattgefunden hat, die an Blauzapfenmonochromasie beteiligt sind, erkranken nur Personen männlichen Geschlechts, während jene weiblichen Geschlechts gesunde Überträger sind.
Genetische Übertragung von Blauzapfenmonochromasie
Der Mann bestimmt das Geschlecht seiner Nachkommen, da er ihnen entweder sein X- oder Y-Chromosom vererbt, während die Frau immer eines ihrer beiden X-Chromosomen an ihre Nachkommen weitergibt.
In der obigen Abbildung ist im oberen Bereich der Fall einer gesunden Überträgerin dargestellt. Da jede Frau zwei X-Chromosomen besitzt, besteht bei einer Mutter mit nur einer Kopie des mutierten Gens ein 50%iges Risiko, die Mutation sowohl an ihre männlichen, als auch ihre weiblichen Nachkommen zu vererben. Männliche Nachkommen, die das mutierte Gen geerbt haben, erkranken, während weibliche Nachkommen mit dem mutierten Gen gesunde Überträgerinnen sind.
Im unteren Teil der Abbildung ist der Fall eines männlichen Erkrankten dargestellt. Wenn ein Vater sein X-Chromosom überträgt, wird das Kind weiblichen Geschlechts, wenn er hingegen sein Y-Chromosom überträgt, männlichen Geschlechts sein. Beim XY-Chromosomenpaar eines männlichen Kindes stammt folglich das X-Chromosom von der Mutter, das Y-Chromosom hingegen vom Vater. In diesem Fall sind folglich alle männlichen Nachkommen eines erkrankten Mannes gesund.
Alle weiblichen Nachkommen dieses erkrankten Mannes sind hingegen obligate Überträgerinnen der Krankheit.
Bei X-chromosomal-rezessiven Krankheiten wie Blauzapfenmonochromasie kann man folglich festhalten, dass die Krankheit bei Männern auftritt, bei denen die Mutation in hemizygotem Zustand vorliegt (Männer haben nur ein X-Chromosom) und in seltenen Fällen bei Frauen, bei denen die genetische Mutation in homozygotem Zustand vorliegt, d. h. wenn die genetische Mutation auf beiden X-Chromosomen vorhanden ist. Es ist also nicht völlig ausgeschlossen, dass auch eine Frau an Blauzapfenmonochromasie erkrankt, aber es kommt ausgesprochen selten vor (1:10 Milliarden).
Weibliche Überträgerinnen, die nur eine Kopie des mutierten Gens auf einem der beiden X-Chromosome tragen, entwickeln normalerweise die Krankheit nicht, wenngleich Unterschiede bei zufälligen Inaktivierungen auf einem der beiden X-Chromosomen zu unterschiedlichen klinischen Ausprägungsgraden der Krankheit führen können. Etwa 10 % der weiblichen Überträgerinnen einer X-chromosomalen Erbkrankheit zeigen zwar einige Krankheitssymptome, im Allgemeinen jedoch in weniger schwerem Ausmaß als männliche Betroffene.
Im folgenden Artikel wird der Fall einer an Blauzapfenmonochromasie erkrankten Überträgerin dargestellt, bei der die Krankheit durch eine unnormale X-Chromosom-Inaktivierung verursacht wurde:
- Frederiksen AL, Duno M, Welinder LG., ‘Blue cone monochromatism in a female due to skewed X-inactivation’, Ophthalmic Genet. 2013 Mar-Jun;34(1-2):101-4. PMID: 22998501.
Familiengeschichte
Eine typische Blauzapfenmonochromasie-Familiengeschichte kann die von der Krankheit betroffenen Brüder und einen Großvater und/oder männliche Cousins mit einschließen, die die Krankheit mütterlicherseits geerbt haben.
Es ist wichtig, die Geschichte (Ahnentafel oder Stammbaum) der eigenen Familie zu rekonstruieren, um feststellen zu können, ob es sich bei der Familienkrankheit um eine X-chromosomale Krankheit handelt oder nicht.
Sehen wir uns also einen typischen Stammbaum an: (die Abbildung ist der Website NCBI entnommen).
Wie man sieht, sind die in ein und derselben Familie erkrankten männlichen Betroffenen stets über die weiblichen Familienmitglieder miteinander verbunden. Es gibt also keine Übertragung der Krankheit von Mann zu Mann.
Hier entspricht jede Linie des Stammbaums einer Familiengeneration; die Generationen sind auf der linken Seite mit römischen Ziffern O, I, II, III, IV, V usw. gekennzeichnet. Männliche Familienmitglieder sind mit Quadraten, weibliche mit Kreisen gekennzeichnet. Weibliche Überträgerinnen haben einen Punkt in der Mitte des Kreises; männliche Betroffene sind mit einem ausgefüllten Quadrat dargestellt.
Leere Symbole weisen auf gesunde Personen und auf Nicht-Überträger hin.
Die Krankheit kann mehrere Generationen überspringen, in denen nur Überträgerinnen vorkommen.
Die nachstehende Abbildung ist folgendem Artikel entnommen: A.V. Cideciyan „Human Cone Visual Pigment Deletions Spare Sufficient Photoreceptors to Warrant Gene Therapy“, HUMAN GENE THERAPY 24:993–1006 (Dezember 2013), PMID: 24067079; er wurde mit Unterstützung durch BCM Families Foundation erstellt und zeigt zahlreiche Stammbäume von Familien mit Blauzapfenmonochromasie:
Stammbäume und Genotypen in Familien mit Blauzapfenmonochromasie.
(A) Stammbäume der 11 Familien. Ausgefüllte schwarze Quadrate: Männer mit klinisch und mittels Molekulartest festgestellter Blauzapfenmonochromasie; ausgefüllte graue Quadrate: krankheitsgeschichtlich ermittelte, betroffene Männer; +: familiäre Blauzapfenmonochromasie-Mutation positiv; leere Quadrate: krankheitsgeschichtlich ermittelte, nicht erkrankte Männer; Kreis mit Punkt: Überträgerinnen. (B) Schematische Darstellung der Genotypen bei Blauzapfenmonochromasie. Bei Personen mit normaler Farbsichtigkeit besteht die X-chromosomale Anordnung der Gene OPN1LW/OPN1MW aus für langwelliges Licht empfindlichen, proximalen Opsin-Genen (OPN1LW) (dunkelgrauer Pfeil) und eher für mittelwelliges Licht empfindlichen Opsin-Genen (OPN1MW) (hellgrauer Pfeil), die in einem „head-to-tail tandem repeat“ angeordnet sind. Ein tiefer gestelltes „n“ weist auf ein oder mehrere M-Pigment-Gene hin. Hybride L-/ M-Gene sind dargestellt (hellgrauer bzw. dunkelgrauer Pfeil). Jedem Gen ist ein proximaler Promoter vorangestellt und die Genexpression wird von einem einzelnen, der Anordnung vorgelagerten LCR (schwarzes Rechteck) gesteuert. Die Genanalysen ließen erkennen, dass die OPN1LW/OPN1MW Gen-Cluster bei allen Patienten dieser Studie durch Deletionen in der LCR und verschiedenen Teilen des Opsin-Gen-Clusters geschädigt waren, ausgenommen Familie 1, die eine intakte LCR mit einer die Gene OPN1LW und OPN1MW überspannenden Deletion hatte. Die Klammern markieren die Deletionen; der Umfang der Deletion – sofern sie definiert werden konnte – ist innerhalb der Klammern angegeben.